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Mut zur Initiative - Was bewegt die Welt?

Eigentlich müsste es einen umhauen. Da muss doch was getan werden! Jemand sollte die Initiative ergreifen! So denken wir schnell, so empfinden wir gerne. von Thorsten Hartmann. Der Artikel erschien im Keime-Heft 1/19 auf S. 4 und 5

Fotos: pixabay


In unserer Region wurden schon viele anthroposophische Initiativen auf den Weg gebracht. Alle begannen mit dem Willen, etwas für oder gegen etwas zu tun. Die meisten wirken noch. Durchhalten war gefragt, auch wenn es von Bedenkenträgern nur so wimmelte, wenn es Hohn und Spott gab, vielleicht sogar selbst Geld draufgelegt werden musste. Die einen entwarfen, andere motivierten, die nächsten packten gleich zu. Keiner blieb ohne Veränderung seines Bewusstseins.


Denn Neues schaffen, ohne sich zu entwickeln, geht gar nicht. Einerseits: Pflege und Vertiefung des inneren Lebens, ohne das kein neuer Inhalt entsteht. Andererseits: Die Entfaltung der sozialen Technik, um äußerlich formen zu können.


Ein bemerkenswertes Beispiel aus dem nicht immer geschätzten Fußball: Anlässlich des Fußball Europacup-Endspiels zwischen Liverpool und Tottenham Hotspurs Anfang Juni 2019 gaben übereinstimmend beide Trainer zu Protokoll: „Unsere Arbeitsweise ist die, dass wir versuchen, die Spieler im Inneren zu berühren. Es geht um mehr als das Professionelle. Wenn du einen Menschen berührst, schaffst du die Basis, dass dieser sich als Spieler verbessert. Es gibt kein Limit, wie vertraut wir miteinander sein können. Wir müssen uns in die richtige Stimmung bringen, um genau das Spiel abzuliefern, das wir wollen.“ (SZ vom 1.6.2019). Wird da nicht jedes Spiel als Initiative verstanden?


„Da entstehen Verbindungen, neue Nahtstellen, Kreativität, eine ungeheure Kraft, auch wenn die Anzahl von Menschen nicht gerade groß ist.“

Wie geht Initiative? Was fordert die Zukunft? Etwas soll sich verändern, soll weg oder es soll das Notwenige entstehen. Es beginnt mit: Zuerst genau hinschauen. Dann: Anlass und Konfrontation werden überdeutlich. Nun wird versucht, Erfahrungen und Einsichten einzubringen. Kennenlernen. Da wird es oft turbulent und es rückt schon das erste große Abenteuer an.


Eine Inspirationsquelle öffnet sich, wenn sich die Beteiligten im Gespräch ein lebendiges Bild des künftigen Gebrauchs oder des Einsatzes machen. Dieses Bild zieht die Vorstellung davon gleichsam an, was zu tun ist. Alles soll ja vom Kopf in die Hand gehen. Hinab und herauf, mit Entdeckungs- und Entwicklungsgesprächen lebt man sich in Probleme, in Fragen ein. Die gemeinsame Anstrengung weckt die Initiative, die zum Inhalt passt, die Raum für inneres und äußeres Wachstum schafft. Schwere Arbeit gehört zur Sozialkunst.


Hindernisse sind: Auf alten Pfaden Neues erreichen wollen. Keine Inspirationen im Gespräch entwickeln, weil es doch aufs Funktionieren ankommt. Faules Hoffen auf Zufälle und Einfälle oder starre Wenn-Dann-Planungen.


Wie kann man sich heute in die Digitalisierung hineinleben? Erleben, untertauchen in das Positive, nicht nur immer in das Negative. Darüber nachdenken, welche Zerstörungsgrade durch die modernsten Ausprägungen der Technik entfesselt werden. JA! Wichtiger ist hingegen, die schöpferischen Kräfte durch offene Zusammenarbeit im Rahmen und im Raum der Technik selbst zur Wirksamkeit zu bringen. Kann die Digitalisierung so geformt werden, dass das Zwischenmenschliche siegt und ein neuer Geist einzieht? Welcher Geist?


In einem Interview griff die Neurobiologin Prof. Gertraud Teuchert- Noodt beim Thema Mediengebrauch zu drastischen Worten: Der Gebrauch von digitalen Medien bis zum zwölften Lebensjahr „wird eine ganze Generation in die Steinzeit zurückwerfen“. Kinder sollten bis zum zwölften Lebensjahr von digitalen Medien ferngehalten werden. Ähnliches gab es früher zwar schon mit der Aktion „Schafft das Fernsehen ab!“, aber heute ist das Thema existenzieller geworden. Denn es handelt sich nicht allein um Pädagogik, sondern um die körperliche Funktionsfähigkeit des Gehirns in der Zukunft. Ist das eine Initiative wert?

Am besten ist, die bestehenden Initiativen treten miteinander in Beziehung, tauschen sich aus über Arbeitsmittel, Abläufe, innere und äußere Beziehungen, Ziele und Leitbilder. Da entstehen Verbindungen, neue Nahtstellen, Kreativität, eine ungeheure Kraft, auch wenn die Anzahl von Menschen nicht gerade groß ist. Aber es lohnt sich. In den vielen Initiativen unserer Region wurde dieser Geist erlebt. Sie waren nicht nur selbst Keime für die Zukunft, sondern legten diese auch in die Schicksale vieler, vieler Menschen. Das ist es! Das hat gewirkt.


Es gibt allerdings einen mächtigen Feind, der wirkt, wenn sich eine Initiative im Abstrakten verliert, nicht selbst das erlebt, was sie nach außen erschaffen möchte, die mutlos wird, weil sie nicht weiß, dass auf jeder Komplexitätsstufe neue Inhalte und Eigenschaften auftreten, die auf der vorher- gehenden Stufe nicht vorherzusehen waren.


Rudolf Steiners Entwicklungsdenken hilft uns, nicht „bei jeder Kleinigkeit“ zu resignieren. Auch einmal vor Freude in die Luft springen, wenn sich ein kleiner, geistiger Fortschritt in der Praxis bestätigt. Lassen wir es lebendig sein!


Ich denke an eine Initiative, welche „Anthroposophie Start-Ups“ unterstützt, dadurch, dass sie zu Ideenvermögen und Technik anleitet, Zusammenhänge herstellt, Austausch besorgt und anfangs begleitet. Schon das Nachdenken darüber ist ein Keim, welcher unserem Raum guttut, in dem ja noch vieles unentdeckt auf seinen Zusammenklang wartet.

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