Es ist eine Zeit, in der wir alle aufbrechen können, um die Welt und uns selbst wieder in ein Gleichgewicht zu bringen. So wie es die letzten Jahre gelaufen ist, kann es in Zukunft kaum weitergehen. Meiner Ansicht nach liegt die Herausforderung jetzt im Erkennen und mutigen Beginnen. von Antonia Witt
Foto: Antonia Witt privat
Die Klimakrise ist doch nur eines der Anzeichen für die Art und Weise, wie wir bisher unser Leben gestalten, wie wir uns selbst in die Welt einbringen und wie wir die Umwelt um uns herum betrachten. Wir brauchen ein neues Verständnis von uns und unserer Welt - mehr Einfachheit, Kreativität, Licht und Wärme. Wie können wir wirklich Mensch werden?
Es ist viel Zeit für Reflektion und das eigene Bewusstwerden. Und wenn wir genau hinsehen, erleben wir, dass wir uns in einer Wendezeit befinden. Durch das ruckartig aufgestellte Stoppzeichen der Zeit, ist plötzlich Raum, den eigenen Arbeits- und Lebensbereich neu zu strukturieren, zu ordnen. Und wir benötigen jetzt eine Ordnung, wie wir unsere Gesellschaft zukünftig gestalten, wie wir leben und auch mit unseren Ressourcen wirtschaften wollen. Es braucht neue Initiativen und dafür alle Menschen!
Es reicht nicht, sich weiter an alte Moral- oder Wertevorstellungen zu halten. Was wir meiner Meinung nach als Gesellschaft und jeder für sich selbst jetzt benötigen ist die kraftvolle Erkenntnis, dass in jedem von uns ein einzigartiges kreatives Potential ruht, auf das es gilt aufzubauen und daraus täglich Kraft für unsere Zukunft zu schöpfen, um jetzt konkretes entstehen zu lassen.
Wir sollten jetzt dringendst jeder für sich und gemeinsam aktiv werden. Beispielsweise, indem wir Demokratie und Gemeinschaft wirklich anfangen zu leben und uns Gedanken darüber machen, welche Werte und Ideen uns für einen Neubau am wichtigsten sind. Worauf kommt es uns jetzt wirklich an?
Aktiv werden, anstatt passiv in der eigenen Angst gefesselt zu bleiben.
Die vorübergehende Quarantäne und Schließung der nationalen Grenzen machte mich fassungslos - Europäische Integration? Plötzlich war die Selbstverständlichkeit von Saarbrücken nach Frankreich zu fahren, nicht mehr da oder nur noch eingeschränkt. Der Fuß- und Radweg an der Saar entlang endete auf einmal abrupt mit einer Absperrung kurz vor dem Gebiet des europäischen Nachbarn. Die Solidarität wurde etwas später mit bunten Fahnen am gesperrten „Grenzübertritt“ bekundet. (*)
Es wurde klar, wie begrenzt wir werden, wie abgegrenzt wird, zwischen denen, die drinnen bleiben dürfen und denen, die auf keinen Fall rein sollen. Es gibt auch so viele tragische Geschichten von Geflüchteten an den Außengrenzen von Europa. Ich kann es schlicht nicht haben, wenn Zäune zwischen den Menschen gezogen werden und Grenzen wiederaufleben, nur um zu zeigen, dass… ja, was eigentlich? Passiv in der eigenen Angst gefesselt zu bleiben, anstatt aufzustehen und über sich selbst und die eigenen Grenzen hinauszuwachsen. Es war vordergründlich die Angst, die mich und meine Gefühle am Anfang von „Corona“ beherrschte. Die Angst, was als nächstes kommt, das Gefühl, vor einem schwarzen Abgrund in einer ausgebrannten und doch lichterloh brennenden Landschaft zu stehen, und dabei mit klopfendem Herzen zu wissen, dass der nächste Schritt den freien Fall bedeutet.
Jetzt denke ich, dass der freie Fall eine großartige Chance für mich, für uns alle ist. Eine hervorragende Gelegenheit, endlich in die eigene aufgerichtete ICH-Kraft zu kommen. Es braucht Mut und Selbstvertrauen, geradeaus in eine Zukunft zu gehen, die neugestaltet werden will. JA! Trotz allem positiv in die Zukunft zu blicken und anzufangen, die eigenen Potentiale zu erkennen und zu leben.
(*) In dem Online-Magazin Nautile, ein Projekt des Deutsch-Französischen Kulturrates mit Unterstützung von Arte, wurde ein Foto veröffentlicht, das die Situation veranschaulicht: Hier werden Sie direkt zu dem Beitrag weitergeleitet.
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